Die Macht des Fernsehens - wozu nutzen wir Medieninhalte? Und wie wirken sie auf uns? Publizistik-, Medienwissenschaft und Medienpsychologie beschäftigen sich seit langem mit diesen Fragen und haben dazu interessante Forschungsergebnisse ans Licht gebracht.
Stimmungsmanagement Die Weihnachtsfeiertage sind vorüber. Auch das Fernsehen, das die Festtagsstimmung wie jedes Jahr eifrig mitgetragen hat, ist wieder zum Programmalltag zurückgekehrt. Nicht immer aber muss es etwas zu feiern geben. Wir wenden uns auch im Alltag dem Fernsehen zu, weil wir erwarten, dass bestimmte Sendungen unsere gute Laune bestärken oder unsere schlechte Stimmung heben. Reale Probleme werden so vorübergehend zur Seite geschoben, die momentane Befindlichkeit soll ins Positive umschlagen. Die Rede von der Allmacht und Manipulationskraft des Fernsehens sowie jene vom passiven Zuschauer, der sich freiwillig einer medialen Gehirnwäsche unterzieht, ist hinfällig geworden. Schließlich bestimmen wir selbst mehr oder weniger aktiv darüber, was wir sehen wollen und haben dabei ein klares Ziel: Unsere Stimmung zu unserem Besten zu managen. Werden unsere Erwartungen nicht erfüllt, genügt ein Knopfdruck. Fernsehsüchtig und beeinflussbar? Ich doch nicht! Wir identifizieren uns mit Spielfilmhelden im Kampf gegen üble Machenschaften, bauen ein Vertrauensverhältnis zum Nachrichtenmoderator auf (auch wenn dieses nicht echt ist, erscheint er uns als ein guter Bekannter) und gelegentlich flüchten wir regelrecht aus dem Alltag in einen virtuellen Lebensraum. Während sich die meisten Menschen aber selbst für keinesfalls fluchtgefährdet, fernsehsüchtig oder beeinflussbar halten, glauben sie, diese Gefahren bei Verwandten, Bekannten und entfernten Anderen oft wahrzunehmen: Ein amüsanter Befund, den man als „Third-Person-Effect“ bezeichnet. Bildung und Unterhaltung Ähnlich verhält es sich, wenn Menschen ihre Nutzungsmotive angeben sollen. Das persönliche Informations- und Orientierungsbedürfnis scheint dann größer zu sein als das Bedürfnis nach Unterhaltung. Zweifellos besteht aber allgemein ein großes Interesse an Unterhaltungssendungen, die wohl auch deshalb die Vorherrschaft über die Sendezeit übernommen haben. In Bezug auf Bildungssendungen wie etwa die, Ende der Sechziger Jahre entwickelte „Sesamstraße“, hat man festgestellt, dass Kinder aus mittleren und höheren sozialen Schichten am meisten von ihnen profitieren, da sie von ihren Eltern darin bestärkt werden, die Sendungen zu sehen. Kinder aus benachteiligten Schichten erhielten weniger Unterstützung. Das eigentliche Ziel der „Sesamstraße“, eben jene Kinder zu fördern, wurde deshalb nicht erreicht. Vielseher versus Zeitungsleser Der soziale Status scheint generell darüber zu entscheiden, welches Medium und welche Angebote man am häufigsten nutzt. So sollen Einkommens- und Bildungsschwächere eher zu den Vielsehern gehören, die Wert auf Unterhaltung legen, während Personen mit höherem Einkommen und höherer Bildung stärkere Zeitungsleser und informationsorientierter sind. Weitere Forschungsergebnisse legen nahe, dass letztere im Umgang mit Medien gewandter sind und über wichtige Themen früher und besser Bescheid wissen als erstere. Allerdings hängt das auch vom Thema ab. Was für politische Themen gilt, muss für Sport oder andere Bereiche nicht gelten. Hinzu kommt die Frage nach der persönlichen Betroffenheit und die Tatsache, dass Bildung und Unterhaltung einander nicht per se ausschließen müssen. So hat sich im Sinne Neil Postmans wohl auch noch niemand durch Fernsehen zu Tode amüsiert. Sensationsgier Doch, wir leben nicht nur in einer Informations-, sondern auch in einer Erlebnisgesellschaft, meinen einige Experten. Ob zu Recht oder Unrecht, jungen Menschen wird gerne unterstellt, wahre „sensation seekers“, also Sensationssucher zu sein. Zu finden gibt es diesbezüglich immerhin reichlich, auch an Orten, die sich nicht „Boulevard“ nennen. Wie sehr jemand zur Sensationssuche neigt, lässt sich per Fragebogen feststellen. Ausgangspunkt ist das Ergebnis, dass wir während des Fernsehens versuchen, ein mittleres Aktivierungsniveau aufrecht zu erhalten: Denn, zu einfache und vertraute Reize langweilen uns schnell, zu komplizierte hingegen überfordern uns. Als Sensationssucher gilt demnach, wer besonders schnell gelangweilt ist und stark nach Abwechslung, nach neuen, intensiveren Reizen sucht. Bleiben diese aus, geht der angenehme Zustand der Anspannung verloren. Gewalt Gewaltszenen, ob fiktiv oder real, stehen im Fernsehen an der Tagesordnung. Das Medium wird daher gern zum Sündenbock erklärt. Bislang konnte aber kein auffälliger Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und aggressivem Verhalten nachgewiesen werden. Die körperliche Aktivierung, die das Ansehen von Gewaltdarstellungen mit sich bringt, wird auch von Sportsendungen und anderen Inhalten hervorgerufen. Für die Gewaltfrage gilt demnach: Zwar kommen wir durch die Medien öfter mit Gewalt in Berührung als sie im Alltag vorkommt. Das Fernsehen kann aber nie alleinige Ursache für Aggressionen sein. Das soziale Umfeld spielt hier, insbesondere bei Jugendlichen, eine entscheidende Rolle. Autorin: Mag.a Angelika Stallhofer
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