Grundlage der Erstuntersuchung
Der Säugling durchlebt kritische erste Tage nach der Geburt, er muss nun selbstständig atmen, sich an die neue Umgebung anpassen. Der Kreislauf stellt sich um. Die Erstuntersuchung in den 24 Stunden nach der Geburt erfasst mögliche Anpassungsstörungen an die Umwelt, die auch unmittelbar behandelt werden können.
Die erste Untersuchung und deren Methoden
Das nackte Kind wird unter einer Wärmelampe ganz genau begutachtet. Die vorrangigen Fragestellungen sind „wie verhält es sich“ und „wie ist der Zustand“.
Anhand des sogenannten APGAR-Score wird das Neugeborene gleich nach der Geburt innerhalb der Komponenten Herzfrequenz, Atemantrieb, Reflexauslösbarkeit, Muskeltonus sowie Hautfarbe beurteilt. Der Apgar-Score ist ein Punkteschema, mit welchem der klinische Zustand des Neugeborenen standardisiert beurteilt wird. Die Bestimmung erfolgt etwa fünf bis zehn Minuten nach der Geburt.
Das Neugeborene wird außerdem gewogen, Körperlänge und Kopfumpfang werden gemessen. Der Puls – in den Leisten gemessen – zeigt an, ob das Herz das Blut normal in den Körper pumpt.
Neugeborenenuntersuchung und deren Schwerpunkte
Herz und Lunge:
Das Herz und die Lungen werden mit einem Stethoskop abgehört, um Hinweise auf einen möglichen Herzfehler zu bekommen. Das Atmen kann zu Beginn noch etwas rasselnd sein, manchmal ist daher noch eine Absaugung notwendig.
Haut:
Die Haut wird begutachtet und Geburtsverletzungen ausgeschlossen. Nach den feinen Härchen des Frühgeborenen, den Lanugo-Haaren, wird gesucht.
Gesichtsbereich:
Schädel, Augen, Ohren, Nase und Mund werden begutachtet. Die Form der Ohren liefert einen Hinweis auf die Reife des Neugeborenen. Die Augen werden auf ihre Symmetrie untersucht. Im Mund wird eine Gaumenspalte ausgeschlossen. Besonders nach einer Zangenentbindung können sich im Gesicht Hinweise auf Lähmungen des Gesichtsnervs zeigen.
Hals und Oberkörper:
Hals und Brustkorb werden in Bezug auf atemabhängige Einziehungen begutachtet, die Hinweise auf Atemstörungen geben. Brustdrüse und Brustwarzen werden angesehen, auf eine mögliche Vergrößerung der Schilddrüse durch mütterlichen Jodmangel geachtet. Da es während der Geburt öfter zu einer Schlüsselbeinfraktur kommt, wird auch das Schlüsselbein untersucht sowie auf Fehlstellungen des Halses – wie Schiefhals – geachtet.
Bauch:
Der Bauch wird untersucht und ein Nabelbruch ausgeschlossen. Die Leber sollte bis drei Zentimeter unter dem Rippenbogen liegen, die Milz gerade tastbar sein.
Genitalien:
Im Rahmen der Neugeborenenuntersuchung wird ebenfalls erhoben, ob die Hoden im Hodensack liegen, die großen Schamlippen die kleinen bedecken, der Anus geöffnet ist.
Skelett:
Bei dieser Untersuchung werden besonders die Extremitäten berücksichtigt. Über die Frage, ob das Kind beide Seiten gleich stark bewegt werden Nervenschädigungen ausgeschlossen. Die Wirbelsäule muss knöchern geschlossen sein. Die Falten an den Beinen werden verglichen, bei Asymmetrie muss ein Hüftschaden ausgeschlossen werden. Die Füße werden ebenfalls auf Fußfehlstellungen beurteilt.
Neurologische Untersuchung:
Bei der neurologischen Untersuchung stehen Neugeborenenreflexe wie der Greifreflex oder der Schreireflex im Mittelpunkt des Interesses.
Blutuntersuchung:
Unmittelbar nach der Entbindung wird der pH-Wert des in der Nabelschnur befindlichen kindlichen Blutes bestimmt. Neben der Blutzuckerbestimmung einige Tage nach der Geburt erfolgen Blutuntersuchungen auf einige der häufigsen angeborenen Stoffwechselerkrankungen wie Phenylketonurie (Ahornsirupkrankheit), Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion). Die Blutabnahme erfolgt hier meist aus der Ferse.
Hörscreening bei Neugeborenen:
Abschließend äußerst wichtig ist das Hörscreening bei Neugeborenen. Ein zu spätes Erkennen einer Hörstörung kann sich äußerst nachteilig auf die Entwicklung des Kindes auswirken. Neben der Sprache, den kommunikativen, sozialen und kognitiven Fähigkeiten ist auch die gesamte Persönlichkeit des Kindes betroffen.
Autorin: Mag. Vorauer Nicole