Das Familienbett – Geborgenheit im Schlaf
Das Familienbett – Geborgenheit im Schlaf
Gemeinsames Schlafen von Kindern und Eltern kommt langsam wieder in Mode. Zwar gibt es immer noch kritische Stimmen, viele junge Eltern lassen sich davon aber nicht mehr beirren , sie vertrauen ihrem Gefühl und wollen das Baby so nah und so viel wie möglich bei sich haben.
Kulturgeschichtlich betrachtet ist das Familienbett die natürlichste Form des Schlafens. In vielen Ländern wäre es schon aus Platzgründen undenkbar das Kind in einem eigenen Raum schlafen zu lassen und auch bei uns war es bis vor rund 200 Jahren noch völlig selbstverständlich, dass sich die Familie Tag und Nacht einen Raum teilte. Die Idee, Kinder müssten alleine schlafen, ist also relativ jung und nicht besonders weit verbreitet.
 
Hauptargument dafür ist meist der Wunsch, das Kind solle möglichst früh selbständig werden. Sehen wir uns nun aber die physiologische Reife eines Neugeborenen an, dann ist dieser Ansatz unhaltbar. Säuglinge kommen völlig hilflos auf die Welt. Sie brauchen ständigen Kontakt und die Gewissheit, dass auf ihre Bedürfnisse jederzeit sofort eingegangen wird. Ein Baby weiß nicht, dass heute keine Gefahr mehr droht, wenn es allein liegt. Früher wäre das einem Todesurteil gleich gekommen und genauso empfinden Säuglinge noch immer, deshalb schreien sie so laut sie können. Wird darauf nicht eingegangen, heißt das keineswegs, dass das Kind gelernt hat brav zu sein, sondern es gibt auf, weil es nichts hilft. Es hat damit gelernt, eigene Bedürfnisse nicht mehr wahrzunehmen.
 
Eine gelungene Eltern-Kind-Beziehung kann aber nur aufgebaut werden, wenn sich das Baby absolut sicher fühlt und das tut es nur bei Eltern, die auf seine Bedürfnisse verlässlich und prompt reagieren. Die Angst, das Kind dabei zu „verwöhnen“ ist völlig unbegründet. „Verwöhnte“ Kinder, also solche, die sich schlecht benehmen und ihre Eltern zur Verzweiflung treiben, haben zu viel von Dingen bekommen, die sie eigentlich gar nicht brauchen, meist Materielles und zu wenig davon, was sie wirklich brauchen, nämlich Liebe, Nähe, Geborgenheit und Sicherheit. Studien zeigen, dass Kinder, die fast ständig getragen und nach Bedarf gestillt werden, sich in fast jeder Hinsicht schneller entwickeln und deutlich mehr soziale Kompetenz haben.
 
In diesem Zusammenhang ist noch erwähnenswert, dass auch der plötzliche Kindstod (SIDS) in der westlichen Kultur ein beängstigendes Ausmaß annahm, als in der Kindererziehung folgende Faktoren zum Tragen kamen: künstliche Säuglingsnahrung anstelle des Stillens, getrenntes Schlafen von Eltern und Kindern, Propagierung der Bauchlage und immer mehr rauchende Mütter. Untersuchungen zeigen, dass die meisten Kinder, die an SIDS gestorben sind, zum Zeitpunkt des Todes allein und ohne Überwachung einer erwachsenen Bezugsperson in einem Zimmer geschlafen haben. Experten sind sich daher einig, dass das Kind jedenfalls im ersten Lebensjahr zumindest bei den Eltern im Zimmer schlafen sollte.
 
Weniger dramatisch aber für das Wohlbefinden der Eltern und damit der ganzen Familie von großer Wichtigkeit ist die Tatsache, dass Mütter, die nachts zum Stillen nicht aufstehen müssen und damit nicht ganz aufwachen, untertags einfach ausgeruhter sind. Wenn das Baby im selben Bett schläft, muss sich die Mutter nur zum Kind drehen um es zu füttern. Außerdem gleicht sich der Schlafrhythmus der Mutter dem des Kindes an, d.h. sie hat selbst mehr Tiefschlafphasen und wird normalerweise wenige Minuten vor ihrem Baby wach. Dadurch wird sie selten aus dem Schlaf gerissen, was die nächtliche Erholung deutlich fördert. 
 
Eltern, die das Baby bei sich schlafen lassen, brauchen sich keine Sorgen machen, dass sie es nie wieder hinaus bekommen. Bedürfnisse, die in ausreichendem Maße erfüllt sind, verschwinden irgendwann. Sobald das Kind genug Sicherheit getankt hat, wird es ohne große Mühe und ganz freiwillig in sein Zimmer umziehen können. Es gibt wohl keinen Jugendlichen, der mit der Freundin bei den Eltern schlafen möchte!
 
Zweifellos ist die Frage, ob Familienbett oder nicht, eine stark kulturell geprägte. Trotzdem sollten wir uns einmal ehrlich überlegen, wozu man Kinder früh daran gewöhnen will allein zu schlafen und wie erfolgreich das wohl ist. Immerhin schläft kaum ein Erwachsener freiwillig allein. Ein Doppelbett ist wohl eine der ersten Investitionen, wenn wir einen Partner haben. Wieso erwarten wir also von unseren Kindern etwas, dass wir selbst nicht wollen? 

AutorIn: Redaktion

Fotocredit: S. Hofschlaeger / pixelio.de
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