Feuchtgebiete von Charlotte Roche - nichts für Biedermänner
Feuchtgebiete von Charlotte Roche - nichts für Biedermänner
Wann hat Ihnen das letzte Mal ein Buch die Schamesröte ins Gesicht getrieben? Noch nie? Dann wird es ja höchste Zeit.
Das Buch „Feuchtgebiete“ von Charlotte Roche spaltet die Gemüter. Für die einen ist das Buch schlichtweg ekelhaft und unlesbar, die anderen halten es für den genialsten Geniestreich überhaupt. Tatsache ist, dass Charlotte Roche mit ihrem Debütroman einen Verkaufsschlager landen konnte und sich selbst damit zum Enfant terrible der jungen deutschen Literaturszene gemacht hat.

„Hygiene wird bei mir kleingeschrieben“, so lautet der vielzitierte Satz der Autorin. Tatsächlich lässt Roche in ihrem Buch kein Tabuthema aus. Die Handlung des 220 Seiten langen Buches lässt sich mit wenigen Sätzen zusammen fassen. Die 18-jährige Titelheldin Helen liegt im Krankenhaus, nachdem sie sich bei einer Intimrasur schwer geschnitten hat. Im Laufe des Buches wird der Leser immer tiefer in die Welt der genusssüchtigen Jugendlichen eingeführt. Ihr provokant offener Umgang mit der Sexualität, dem eigenen Körper und allem, was in unserer Gesellschaft tabu ist, formt das Bild einer jungen, starken Heldin.

Gleichzeitig wird dem Leser aber auch die Verletzlichkeit von Helen vermittelt. So offen und realistisch sie über Dinge spricht, die andere nicht einmal zu denken wagen, so kindlich naiv erlebt sie der Leser in Bezug auf ihre Familiensituation. Bis zum Ende des Buches wartet Helen vergebens auf ein Zusammentreffen ihrer geschiedenen Eltern am Krankenbett. Sie hofft, dass sich die beiden aufgrund ihrer Krankheit wieder versöhnen. Im Laufe der Handlung wird jedoch klar, dass in ihrer Familie schlimme Dinge vorgefallen sind. Den Selbstmordversuch der Mutter verdrängt Helen und malt sich fernab jeder Realität das Bild ihrer glücklichen Familie. Ein Happy End bleibt Helen verwehrt, der Leser verlässt ihre Geschichte mit dem Wissen, dass die junge Heldin weiter durch ihr Leben strudeln wird.

„Feuchtgebiete“ ist ohne Frage ein provokantes Buch. An vielen Stellen ist die Ausdrucksweise der Autorin hart an der Grenze des guten Geschmacks. Wer sich davon aber nicht abschrecken lässt, wird meiner Meinung nach mit einem interessanten Buch belohnt. Gerade für Menschen, die viel und gerne lesen, kann das Buch eine gelungene Abwechslung darstellen. Ich persönlich empfand es als „erfrischend anders“.

Das Buch eignet sich auch gut als Lektüre für die Zugfahrt oder den Sommerurlaub, da es sich sehr leicht liest. Statt mit Fremdwörtern oder stilistischen Satzverschachtelungen schmeißt Charlotte Roche lieber mit Tabuwörtern um sich. Was meiner Meinung nach auch vollkommen in Ordnung ist, man muss nicht immer Shakespeare oder Goethe lesen.

Noch interessanter wird das Buch, wenn man sich etwas mit der Geschichte der Autorin beschäftigt. Charlotte Roche hatte schon vor ihrem ersten Schreibversuch im deutschsprachigen Raum das Image einer Rebellin. Ihre verschiedensten Auftritte als Fernsehmoderatorin zeigten ihre unkonventionelle und exzentrische Ader.

Als Moderatorin des deutschen Musiksenders „VIVA“, wurde sie zum schrägen Vorbild für die Jugend. Mit ihrem Debütroman „Feuchtgebiete“ hat Roche sich als Vorreiterin eines neuen Feminismus hervor getan. Gerade diese Tatsache macht meiner Meinung nach das Buch noch spannender. Es ist kein Roman, der rein provoziert um Geld zu machen, sondern es stecken ernste und wertvolle Gedanken der Autorin hinter der Geschichte.

Autorin: Claudia Wrumnig











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