„Man kann nicht nicht kommunizieren“
Diesen Ausspruch tat einst der bekannte Kommunikationswissenschafter Paul Watzlawick und meinte damit, dass: sobald zwei Personen sich gegenseitig wahrnehmen können, kommunizieren sie miteinander, da jedes Verhalten kommunikativen Charakter hat. Kurz gesagt: neben dem gesprochenen Wort gibt es das große Feld der Nicht-Sprachlichen Kommunikation. Und die macht bekanntlich den größten Teil unserer Kommunikation aus.
Nonverbale Kommunikation kennt bei weitem weniger Grenzen als die verbale. Sie ist auch dann noch anwendbar, wenn die verbale Sprache schon lange versagt. Und nonverbale Kommunikation war und ist die erste Form der menschlichen Kommunikation überhaupt. Nonverbalen Äußerungen wird mehr Glauben geschenkt als verbalen Äußerungen. Dies wird besonders dann deutlich, wenn eine Person inkongruent kommuniziert, das heißt, wenn das körperliche Verhalten nicht mit dem Gesagten übereinstimmt. Wenn jemand auf der Seite etwas behauptet und währenddessen sein Mienenspiel eine andere Nachricht aussendet, dann vermitteln solche Informationen das Gefühl, man habe den Sprecher „durchschaut“, man sei seiner wahren Meinung auf die Spur gekommen. Im Gegensatz zu verbaler Kommunikation,kann nonverbale Kommunikation bewusst oder unbewusst erfolgen,wobei die Grenzen fließend sind.
Unser Körper redet ein Wörtchen mit
Der Begriff des Nonverbalen kann sehr weit gefasst werden. In der Literatur finden sich verschiedene Definitionen. Folgende Punkte kommen aber in fast allen Erläuterungen vor:
Körperbewegung oder kinetisches Verhalten: Dazu zählten Gesten und andere Bewegungen von Körperteilen, aber auch der Gesichtsausdruck wie Lächeln, Stirnrunzeln oder das Zusammenziehen der Augenbrauen.
Physische Eigenschaften: Dazu zählen körperliche Eigenschaften, wie Körpergröße, Gewicht, Körpergeruch, Aussehen, Haar und Hautfarbe.
Berührungsverhalten: Dazu zählen alle Arten des Sich-Berührens, sowohl die aggressiv-feindlichen (schlagen oder schubsen), als auch die freundlichen (Händeschütteln oder Küssen). Genauso wenn man sich bei jemandem einhakt oder kurz berührt, etwa um ihn auf etwas aufmerksam zu machen.
Parasprache: Dazu zählen voice qualities (Stimmqualitäten), und vocalizations (Vokalisationen). Zu den Stimmqualitäten gehören unter anderem Tonhöhenspanne, Tonhöhen- und Rhythmuskontrolle, Sprechtempo und Resonanz.
Proxemik: Hier geht es um körperliche Nähe und Distanz, um den Grad von Zu- oder Abwendung, Ausschluss und Einbezug, um Sitz- oder Stehordnungen unter den räumlichen Gegebenheiten.
Artefakte: Dazu zählt alles, was an Objekten eingesetzt wird oder werden kann, also vom Parfüm über Sonnenbrillen und Haarteile bis hin zu Kleidungsstücken und Accessoires.
Situationsabhängige Faktoren: Dazu zählen die Rahmenbedingungen unter denen Kommunikation stattfindet und diese beeinflussen. Es ist ein Unterschied, ob ich mich mit jemandem auf einer lärmenden Straße im Regen unterhalte oder in einem warmen Zimmer mit gemütlichen Sesseln. Wo es sich um einen persönlichen Bereich eines der Gesprächspartner handelt, werden Einrichtung, Sauberkeit und Atmosphäre auch im Hinblick auf die betreffende Person selbst aufschlussreich.
Ritualisierte Gesten
Es gibt viele Gesten, die wir - bewusst oder unbewusst - recht häufig einsetzen, etwa Winken, Nicken oder Kopfschütteln. Aber Vorsicht: Andere Länder, andere Sitten, wie es so schön heißt. Was bei uns eine harmlose Geste ist, kann anderswo das Gegenteil bedeuten oder gar in eine Beleidigung ausarten.
„Zeige- und Mittelfinger im V nach oben“ hat fast weltweit die gleiche Bedeutung: Sieg bzw. Frieden. In Großbritannien oder Australien heißt es mit dem Handrücken nach außen: Verzieh dich (nicht sehr freundlich)!
„Mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis bilden“ meint bei uns Okay, in Frankreich beispielsweise Null und in Japan Geld. In Deutschland, Sardinien, Malta, Tunesien, Griechenland, Türkei, Russland, Naher Osten und Teilen von Südamerika sollten Sie auf diese Geste verzichten, meint dort nämlich ein bestimmtes Körperteil.
Ein „aufwärtsgerichteter Daumen“ bedeutet in Europa, den USA und Lateinamerika, insbesondere in Brasilien alles in Ordnung, während es in einigen islamischen Ländern als ein unanständiges Zeichen verstanden wird.
Das Lachen wird in den meisten Ländern mit Zufriedenheit assoziiert. In Japan ist es dagegen eher ein Zeichen von Unsicherheit und Unbehaglichkeit.
Ist man in einigen asiatischen Ländern und in Mittelamerika zum Mittagessen eingeladen, beweist man gute Manieren, wenn man direkt nach dem Essen aufbricht: Diejenigen, die nicht gleich gehen, weisen auf diese Art darauf hin, dass sie noch nicht genug gegessen haben. Wer dagegen in Indien, Nordamerika oder Mitteleuropa gleich geht, erscheint rüde und unhöflich, denn dort bedeutet dieses Verhalten, dass es dem Gast nur ums Essen ging, nicht aber um die Gesellschaft mit den Gastgebern.
Im Mittelmeerraum, in Lateinamerika und im südlichen Afrika ist es normal oder zumindest weitgehend toleriert, wenn man etwa eine halbe Stunde zu spät bei einer Einladung zum Abendessen erscheint. In Deutschland und der Schweiz ist dies eine Beleidigung des Gastgebers.
Augenkontakt zu vermeiden oder auf den Boden zu starren, während man mit seinen Eltern oder einer Person höherer Position spricht, ist in Afrika ein Zeichen von Respekt. Im Gegensatz dazu gilt dieselbe Handlung in Nordamerika und dem größten Teil Europas als Signal von unangemessener Scheu oder Unehrlichkeit.
Was unser Körper zu sagen hat
Jede Menge: Körperliche Signale sagen mehr über Charakter, Bedürfnisse und die Gefühlslage aus, als Worte es vermögen. Nonverbale Signale und Hinweise sind in vielen Situationen mindestens so wichtig und oft noch einflussreicher als die sprachlichen Inhalte. Denn die nonverbalen Signale sind unmittelbarer, unkontrollierter und unzensierter mit unseren tatsächlichen Empfindungen verbunden. Sie sind ehrlicher, direkter und unverfälschter und vor allem dann von sehr großem Einfluss, wenn sich nonverbale und sprachliche Informationen widersprechen. Und dies ist im Alltag keineswegs selten. Denn die verschiedenen Situationen erfordern mehr oder weniger die Beachtung und Einhaltung von sozialen Regeln und Normen, die ein spontanes Ausleben der Gefühle, Empfindungen manchmal nicht zulassen. Es ist außerdem häufig keineswegs sinnvoll, all unsere Vorhaben und Ziel offen auszusprechen oder wir möchten bewußt einen ganz bestimmten Eindruck erwecken. Unser nonverbales Verhalten spiegelt somit keineswegs immer geradlinig unsere unbewussten oder hintergründigen Emotionen wider. Oft bemühen wir uns sogar gezielt darum, unser äußeres Verhalten aktiv so zu kontrollieren, dass wir bei unserer Umgebung ganz bestimmte, erwünschte Effekte erzielen. Es lohnt sich daher, auf die körperlichen Signale zu achten – bei sich selbst und bei anderen.
Autorin: Mag.a Alexandra Schlömmer