Egoismus - gnadenlos oder gesund?
Egoismus - gnadenlos oder gesund?
Selbstbezogenheit regiert die Welt. Woher rührt Egoismus eigentlich und steckt hinter jedem egoistischen Verhalten wirklich bloß Gnadenlosigkeit?
Egoismus - gnadenlos oder gesund?
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„Wenn sich jeder um sich selbst kümmert, ist für alle gesorgt“, besagt ein Sprichwort. Nehmen ohne Geben. Egoismus an sich wird oft als unsittlich verstanden, doch ist es bei näherem Hinschauen nur das Übermaß desselben, welches soziales Nasenrümpfen erweckt. Egoisten stellen ihre eigene Person gerne in den Vordergrund und übergehen die Bedürfnisse anderer, um ihre eigenen befriedigen zu können.

Klingt verdächtig nach schwarzem Peter, der uns vergessen lässt, dass sich letztendlich jeder Mensch mehr oder weniger egoistisch verhält. „Darauf zu achten, dass man nicht zu kurz kommt, ist normal“, gibt Josef Kirschner in seinem Buch „Die Kunst, ein Egoist zu sein“ zu bedenken. Denn auch wenn wir nachgeben und unsere eigenen Bedürfnisse zurückstellen, verfolgen wir immer ein Ziel. Kirschner versteht Egoismus daher als „ein Abenteuer, glücklich zu leben, auch wenn es anderen nicht gefällt.“ Den Umstand eines Menschen, der immer nur nimmt, aber niemals gibt, bezeichnen Experten hingegen als ungesunden Egoismus, der auf sozialer Basis nicht funktioniert. Dahinter verbergen sich oft Minderwertigkeitsängste- das Gefühl, nichts wert zu sein, solange ich nichts ohne Rücksichtslosigkeit erlangt habe. Fast schon logisch, dass jenes Verhalten auch die Frustrationstoleranz sinken lässt.

Die Kunst, ein gesunder Egoist zu sein

„Wenn du an dich denkst, dann ist auch an andere gedacht“, meint Psychotherapeut Rolf Merkle. Das klingt auf den ersten Blick wie ein Widerspruch, ist es aber nicht. Nur wer auch an sich und seine Bedürfnisse denkt und diese nicht vernachlässigt, lebt nicht mehr in einem Zustand von Verzicht und Entbehrung und kann so auch an andere denken. Im Grunde ist an dieser Stelle Kirschner beizupflichten: „Jedes Verhalten ist egoistisch.“ Warum sagen wir dann in so vielen Situationen „ja“, obwohl wir „nein“ sagen wollen?

Unter dem Mantel der sozialen Anpassung schlummert nämlich auch egoistisches Verhalten, das wir durch die Angst, unser Ansehen zu verlieren, übertünchen. Das Leben zeigt uns meist selbst auf, dass wir vor allem jene Menschen bewundern, die ihren eigenen Weg gehen und nach individuellen Zielen streben, anstatt sich in der Masse zu verstecken, um es allen recht zu machen. Kirschner bringt es auf den Punkt: Wir können es nie allen Menschen recht machen, gleichgültig wie sehr wir danach auch streben. Wir können es letztlich nur einem Menschen voll und ganz recht machen: uns selbst. Falco hatte also wirklich recht.

Autorin: Mag.a Tina Veit

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