Stoffwindeln - schick ist, wer Stoff trägt
Stoffwindeln – schick ist, wer Stoff trägt
„Um Himmels Willen, das willst Du Dir antun!“ Meine Mutter schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als wir ihr eröffneten, dass ihr Enkel nach einigen Wochen Wegwerfwindelkonsums fortan mit Stoffhöschen groß werden sollte.
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Wer jetzt denkt, wir würden zu diesen Öko-Gesundheitsschlapfen-Müsli-Fans gehören, liegt weit daneben! Mama liebt Markengewand und steht auf ihren schicken Kinderwagen und Papa ist der letzte, der sich vegetarisch ernähren würde. Dennoch finden wir, dass ein wenig eigenständiges, kritisches Denken nicht schaden kann und nur weil etwas „alle machen“, muss das noch lange nicht gut sein. Unser Bauchgefühl wehrte sich von Anfang an dagegen, Berge von Müll zu erzeugen. Ja, wir sind eine Wegwerfgesellschaft, aber wollen wir das wirklich mit allen Mitteln unterstützen? Außerdem haben die modernen Stoffwindelsysteme nichts mehr mit den alten Mullwindeln gemeinsam und sind fast so einfach zu handhaben wie Wegwerfwindeln.
 
Diese Fakten haben uns schließlich überzeugt:
  • Windeln machen 10% (!) des Hausmülls aus (insgesamt, nicht nur der Haushalte mit Babys), das ist etwa 1 Tonne pro Kind!
  • Wir sparen mit Stoffwindeln sehr viel Geld! Insgesamt bezahlen wir schon weniger als für ein Jahr wickeln mit Wegwerfwindeln, ab dann kostet es uns nur mehr das Waschen. Auch können wir Stoffwindeln noch für weitere Kinder verwenden oder sie anschließend verkaufen. Grob geschätzt ersparen wir uns also bei einem Kind (bei einer Wickeldauer von ca. 3 Jahren) gut 700 €, beim zweiten sind es dann schon um die 1000 €. Wir fahren davon lieber schick auf Urlaub, als das Geld buchstäblich in den Müll zu werfen!
  • Stoffwindeln sind unter folgenden Voraussetzungen deutlich umweltverträglicher als Wegwerfwindeln:  waschen bei 60°C, an der Luft trocknen lassen, für mehrere Kinder verwenden
  • Stoffwindeln sind kühler! Ja, wirklich! In Wegwerfwindeln beträgt die Temperatur bis zu 39°C, da sie nicht mehr atmungsaktiv sind, sobald der Saugkern nass ist. Dies könnte ein Grund für die in den letzten Jahren verminderte Fruchtbarkeit bei Männern sein. Da wir doch auf Enkelkinder hoffen, wollten wir kein Risiko eingehen!
  • Die in Wegwerfwindeln reichlich vorhandene Chemie kommt nicht auf die zarte Babyhaut!
  • Nachhaltigkeit! Überall begegnen wir zurzeit diesem Begriff. Nun, was ist wohl nachhaltiger als Windeln öfters zu verwenden?
Ich muss zugeben, die ersten Versuche waren ein wenig schwierig, nicht, weil das System Probleme gemacht hätte, sondern weil wir schlicht keine Beratung und Erklärung bekommen und natürlich auch keine Erfahrung damit hatten. An dieser Stelle gleich ein wichtiger Tipp: Unbedingt in einem auf Stoffwindeln spezialisierten Geschäft beraten lassen!
 
Danach war alles ganz einfach:
Kind auf den Wickeltisch, alte Windel ausziehen, das große Geschäft samt Vlies ins WC (nein, wir greifen es nicht an!), die Stoffwindel in einen  großen Kübel, der mit Wäschenetz ausgekleidet ist, Deckel drauf, neue Windel anziehen, Kind zufrieden!
 
Wenn der Kübel voll ist, kommen die Windeln mitsamt Wäschenetz in die Maschine (wieder kaum angreifen), waschen, aufhängen (dauert nur wenige Minuten, da die Einlage und die Windel zusammengeknöpft sind und mit einem Handgriff aufgehängt werden können).
 
Schließlich sind für uns noch einige Vorteile dazugekommen, die uns zu richtigen Stoffwindelfans gemacht haben:
  • Das Kind stinkt nicht so penetrant wie mit Wegwerfwindeln!
  • Stoffwindeln sind dichter! Ich habe nie etwas zum Umziehen mit, wenn ich weggehe und hätte es auch noch nie gebraucht.
  • Ich muss nicht ständig neue Windeln kaufen und alte entsorgen, sie können mir nie ausgehen (ein Punkt weniger, an den ich denken muss)!
  • Die lustigen bunten Überhöschen schauen im Sommer einfach putzig aus!
Noch ein Wort zu Windelmärchen:
Es ist schlicht gelogen, dass nasse Windeln Babys stören oder sie damit sogar schlechter schlafen sollen. Werbung lügt, genauso wie ein Topfen-Zucker-Gemisch nichts mit einem kleinen Steak gemeinsam hat! Wir haben es ausprobiert und glauben Sie mir, hätte unser Sohn mit Wegwerfwindeln besser geschlafen, ich hätte die teuersten gekauft!
 
Es gab vor etlichen Jahren eine Studie, die besagte, dass Wegwerfwindeln und Stoffwindeln aus umweltverträglicher Sicht gleich seien. Wesentlich mitfinanziert wurde diese Studie von Procter&Gamble, dem Pampershersteller. Bedenkt man weiter, dass jede Studie einen bestimmten Zweck hat, nämlich die Interessen des Auftraggebers zu beweisen, dann macht es doch ein wenig stutzig, dass kein überragender Sieg der Wegwerfwindeln herauskam. Eine neuere (neutrale) Studie widerlegt dieses Ergebnis auch. (http://randd.defra.gov.uk/Document.aspx?Document=WR0705_7589_FRP.pdf)

Leider wird es jungen Eltern aber nicht immer leicht gemacht, sich für etwas zu entscheiden, das nicht der Norm entspricht und interessanterweise sind die leidenschaftlichsten Gegner meist die, die es selbst nie ausprobiert haben. Oder wie es die Seite naturwindeln.de ausdrückt: „Es ist viel, viel einfacher, sich schlichtweg an das zu halten was "alle" tun - insofern sind viele Stoffwindel-Benutzer meist Menschen, die sich gerne viele Gedanken machen, nach Alternativen vom allgemein-üblichen suchen, und auch keine Angst haben, aus der Reihe zu tanzen. Und dies liegt nun mal nicht jedem.“
 
Meine Mutter ist übrigens bereits überzeugt. Letztens hat sie gemeint: „Hätte es die schon bei Deinem Bruder gegeben, hätte ich sie auch benutzt!“

AutorIn: Iris Fischer

Fotocredit: Mieske / pixelio.de
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