Topmodels - die richtigen Vorbilder? Germany‘s Next Topmodel suggeriert in jeder Staffel den Kandidatinnen die Erfüllung des Traums einer eigenen Modelkarriere. Dabei wirkt die Show vor dem Fernseher ungemein und bringt viele Mädchen zum Zweifeln über das eigene Selbstbild. Simples Konzept mit großer Wirkung... Gerade wurde das vierte neue deutsche Topmodel von Heidi Klum in Germany’s Next Topmodel gekürt. Und wieder saßen jeden Donnerstag Millionen Mädchen und Frauen gespannt vor dem Fernseher und haben mit ihren Lieblingskandidatinnen mit gefiebert. Der Hype scheint ungebrochen, das Konzept der Castingshow nach wie vor aufzugehen. So simpel es auch sein mag. Man nehme eine Moderatorin, die in ihrer Jugend selbst ein Casting gewonnen hat und mittlerweile Deutschland auf den Laufstegen der Welt als Topmodel verkörpert. Sie nimmt wahlweise die Rolle der strengen verhaltensregelnden Gouvernante an oder kümmert sich als nette Mami um „ihre Mädchen“. Ihr zur Seite stehen der stets strenge Payman Amin und der etwas nettere Rolf Scheider, beide Castingdirektoren in Paris. Diese suchen in der ersten Runde viele hübsche Mädchen aus, die dann jede Runde dezimiert werden, bis am Ende im großen Finale ein neues Germany‘s Next Topmodel gefunden wird. Für die ZuschauerInnen gibt es viel zu sehen: viel Schönheit, viele Promis, viele schöne Städte und viel Zickenterror unter den Kandidatinnen. Diese müssen jede Woche aufs neue spannende Challenges bestehen, sich vor echten Kunden weltweit beweisen und sich dabei weiterentwickeln, was das Zeug hält. Das treibt manche an den Rand des Nervenzusammenbruchs. Wie Sarina, die mit erst 16 Jahren bis unter die Top 10 gekommen ist und irgendwann resigniert feststellt, dass sie nicht von einen Tag auf den anderen erwachsen werden kann, wie die Jury es von ihr fordert. Einerseits werden die Kandidatinnen wie Kinder behandelt und müssen wie Uhrwerke funktionieren, andererseits sollen bereits 16-Jährige lasziv- erotisch posieren. Hier hört man leider auch nicht zu selten den Vorwurf der sexuellen Ausbeutung, gerade von Minderjährigen. Aus Angst, keine weiteren Aufträge mehr zu bekommen, wird geschwiegen und das gemacht, was von einem verlangt wird. ...welches den Kandidatinnen viel abverlangt... Überhaupt wird den Mädchen viel abverlangt und dann doch die ewige Leier gepredigt. Da wird Victoria Backham eingeladen, die ja bekannt für ihre size zero Figur ist, eine Knabenfigur, die kein Gramm Fett am Körper erlaubt. Sie hat ihre neue Jeanskollektion dabei und die Mädchen präsentieren sie auf dem Walk. Unzufrieden ist sie mit einigen der jungen Frauen, denen die Kleidung nicht steht. Es sind die Mädchen, die dann eben doch ab und an richtig essen. ...und dessen Wirkung auch vor dem Fernseher nicht halt macht Der Sendung - und generell den Medien – ist der Vorwurf zu machen, dass sie unerfüllbare Träume in den Herzen der Zuschauerinnen schüren: es werden Schönheitsideale vorgesetzt, die die Mädchen daheim vor dem Fernseher selten erreichen können und deprimiert ihr eigenen Äußeres verfluchen werden. Heidi Klum entgegnete dem Vorwurf, ihre Sendung treibe Mädchen in die Magersucht damit, dass sie sich auch nicht gehen lassen könne. Sie dürfe sich ebenso nicht auf die Couch setzen und Chips essen und müsse hart an sich arbeiten. Die Show suche keine Mädchen, die spindeldürr und krank sind, es werde nicht von den Mädchen verlangt, groß abzunehmen. Sie sollen sich nur in Form halten (Beckmann Interview). In England bei Britains Next Topmodel zeigt sich gerade Gegenteiliges: die Kandidatin Jade McSorley darf trotz bekannter Magersucht an der Sendung teilnehmen und wird nicht nach Hause geschickt. Sie nimmt unter ärztlicher und psychologischer Kontrolle teil. Eine doch etwas sonderbare Einstellung: Obwohl die Essstörung bekannt ist, wird McSorly als Kandidatin zum Vorbild vieler britischer Mädchen werden und hat weiterhin die Chance auf den Titel. Die Medien sehen sind sich keiner Verpflichtung gegenüber den jungen ZuschauerInnen. Auch ein Grund, warum immer wieder der Vorwurf gemacht wird, es gehe um die bloße Reduktion der Frau auf ihren Körper. Professor Schulte-Markwort, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, vertritt die Ansicht, dass so eine Casting-Sendung alleine keine Essstörungen bewirke. Mädchen müssen von vornherein empfänglich dafür sein. Das hänge von genetischen und familiären Faktoren ab und vom gesellschaftlichen Schönheitsideal. Mit ihrer Model -Show trage Heidi Klum aber sicher zum Schönheitsideal von dünn und mager bei. Klum wird der Vorwurf gemacht, sie nutze die Sendung vor allem, um sich selber zu vermarkten. Sieht man doch im Werbeumfeld sehr viele Produkte, die von Klum angepriesen werden. Im Umgang mit der Sendung sollte man seinen eigenen Töchtern immer wieder klarmachen, dass das Fernsehen ein Medium ist, welches Menschen inszeniert. Es bildet nicht immer die Realität ab, sondern verschönert und dramatisiert vieles. Die Pre-Teens und Teens sollen sich auf keinen Fall spindeldürre Topmodels als Vorbilder heranziehen, sondern viel eher „echte“ Frauen und Mädchen. Ein hervorragendes Beispiel aus der Werbung hat die Körperpflegemarke Dove mit seiner „politisch korrekten“ Kampagne seit mehreren Jahren am Laufen: Dove Mädels, die ihre recht üppigen sexy Kurven stolz in die Kamera halten. Sie sind körperlich wunderschön, weil sie sich schön finden. Selbstbewusstsein heißt das Zauberwort, denn nur wer sich selbst attraktiv findet, strahlt das auch aus. Da kommt es weniger auf die perfekte Figur an, als auf die eigene Einstellung zu sich selbst. Eine Sache, an der man arbeiten kann und die Eltern und FreundInnen stark beeinflussen können. Anregungen, Videos, Workshops und andere Materialien zur Vermittlung von mehr Selbstwert und Körpergefühl finden Sie auf www.dove.at oder www.dove.de unter der "Initiative für wahre Schönheit". Autorin: Dipl.-Soz. Christine Bulla
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