Pflegeeltern werden - Ein Job, eine Berufung, ein Wunsch Wenn ein Kind nicht mehr bei seinen leiblichen Eltern bleiben kann, ist eine Pflegefamilie die mögliche Lösung. Die Entscheidung dafür verlangt allerdings allen Betroffenen viel ab. Wie wird man zur Pflegefamilie? Mehr zum ThemaAls Pflegefamilie kann sich im Prinzip jede/r beim zuständigen Jugendwohlfahrtsträger bewerben. Die Interessenten werden nach persönlichen, sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Kriterien überprüft. Ein Vorbereitungsseminar ist verpflichtend. Pflegeeltern werden von der Jugendwohlfahrt betreut, zusätzlich gibt es private Angebote. Man hat die Möglichkeit, sich als Pflegemutter oder -vater anstellen zu lassen. Dann erhält man ein monatliches Einkommen und ist versichert. Hilfreiche Links zum Thema: Verein Pflege- und Adoptiveltern OÖ www.pflegeeltern.at Mag Elf: Infos zur Pflegeelternschaft in Wien www.wien.gv.at „Unser Pflegekind hat zwei Elternpaare“, erzählt H., 36. Sie ist Pflegemutter, ihr Pflegesohn ist vier Jahre alt. Mit dem zweiten Elternpaar, den leiblichen Eltern des Vierjährigen, gibt es Kontakt, in Gesprächen wurde erklärt, Konflikte wurden bearbeitet, die Beziehung entwickelt. Die Situation, ein fremdes Kind aufzunehmen, war nicht immer einfach für H. „Besonders schwierig war die Anfangszeit. Ich musste mir immer wieder klarmachen, warum unser Pflegekind bei uns aufwächst, damit ich nicht das Gefühl hatte, jemandem das Kind wegzunehmen.“ Trotzdem würde sie wieder ein Kind aufnehmen. Ausschlaggebend war für sie und ihren Mann, einen 47-jährigen Polizeibeamten, der Wunsch nach einem weiteren Kind. Denn neben dem Pflegekind gehört zu der kleinen Familie auch der neunjährige leibliche Sohn der . Die „andere Familie“ „Paare, die bereits Kinder haben, sind am besten als Pflegeeltern geeignet“, meint Maria Aistleitner vom Verein Pflege- und Adoptiveltern Oberösterreich. Pflegeeltern müssen akzeptieren, dass die „andere Familie“, also die leiblichen Eltern oder andere Angehörige, weiterhin eine wichtige Rolle im Leben des Kindes spielen. „Sie müssen sich auf das Kind einlassen, es aber auch wieder loslassen können, wenn es notwendig ist“, sagt Aistleitner. „Und Paare ohne Kinder haben damit größere Schwierigkeiten.“ Geben tut es sie natürlich trotzdem, die kinderlosen Paare, die sich für die Pflegeelternschaft entscheiden. In Vorbereitungsseminaren wird die Thematik des Loslassens intensiv bearbeitet, danach erst fällt die Entscheidung. Wenn es bereits leibliche Kinder gibt, kann das auch zu Spannungen und Eifersucht führen. Meist werden die Kinder jedoch in die Entscheidung miteingebunden. „Oft zeigen diese leiblichen Kinder eine besondere Reife. Sie entwickeln soziale Kompetenzen wie Rücksichtnahme oder Verständnis für unbekannte Verhaltensweisen“, sagt Aistleitner. Allerdings solle darauf geachtet werden, dass jedes Kind seinen Platz in der Familie hat. Zudem sollte das Pflegekind möglichst immer das jüngste Kind sein, ein gewisser Altersabstand sei nötig. Zu wenig Sozialarbeiter Der Verein Pflege- und Adoptiveltern OÖ ist ein privater Zusammenschluss, der Betroffene unterstützt und berät, und sich als Ergänzung zu den Angeboten der öffentlichen Jugendwohlfahrt sieht. Die Jugendwohlfahrt ist jene Institution, die die Eignung angehender Pflegeeltern überprüft. Neben dem Besuch eines Vorbereitungskurses müssen gewisse persönliche, familiäre und finanzielle Voraussetzungen erfüllt werden. Die Jugendwohlfahrt betreut auch die Pflegefamilien. Pflegemutter H. kritisiert jedoch, dass es zu wenig Personal und nicht genügend finanzielle Mittel für diese Aufgaben gebe: „Die Sozialarbeiter der Jugendwohlfahrt sind überlastet. Manche unserer Anfragen konnten monatelang nicht bearbeitet werden.“ Eine tragfähige Beziehung aufbauen Dass Pflegefamilien bei ihrer Aufgabe unterstützt werden, ist aber sehr wichtig. „Zu den schwierigsten Dingen gehört, zu einem Kind, das mehrere Jahre Misshandlung oder Missbrauch erlebt hat, eine tragfähige Beziehung aufzubauen“, sagt Maria Aistleitner. Viele Kinder könnten sich nach traumatischen Erlebnissen nicht mehr auf Bindungen einlassen. Wenn die leiblichen Eltern die Unterbringung in der Pflegefamilie nicht akzeptieren und mit allen Mitteln versuchen, ihre Kinder zurückzubekommen, stellt das ebenfalls eine große Herausforderung dar: „Kinder erlauben sich dann oft selbst nicht, sich auf das Beziehungsangebot der Pflegeeltern einzulassen.“ Erfolgserlebnisse und Hindernisse Gerade diese Schwierigkeiten zu überwinden, gehört aber zu den schönsten Seiten des Pflegeelterndaseins. Erfolgserlebnisse sind etwa, wenn Kleinkinder mit großem Entwicklungsrückstand in ihrem neuen Umfeld rasch aufholen. „Eine Pflegemutter berichtete zum Beispiel voller Freude, dass ihr kleines Pflegekind, das anfangs mit jedem Fremden mitging, nun zwischen fremden und vertrauten Personen unterschied“, erzählt Aistleitner. In letzter Zeit gibt es allerdings immer weniger Menschen, die Pflegeeltern sein wollen. Maria Aistleitner sieht die Gründe einerseits in gesellschaftspolitischen Veränderungen, etwa dem Stellenwert von Kindern. Außerdem seien die Anforderungen sehr hoch, die finanzielle Abgeltung vergleichsweise gering. „Auch ist die gesellschaftliche Anerkennung gespalten: Die Pflegeelternschaft wird etwa als „Umhängen eines Heiligenscheins“ bezeichnet, andererseits gibt es da die Skepsis, ob man die Kinder nur des Geldes wegen aufnimmt.“ Gute Gründe, ein Pflegekind aufzunehmen, gibt es aber genug: „Zu den Motiven gehört der Wunsch nach einem weiteren Kind, ideologische, etwa christliche, Gründe oder, dass man einem Kind einfach eine neue Chance geben will.“ Autorin: Johanna Schönfeld Hilfreiche Links zum Thema: Verein Pflege- und Adoptiveltern OÖ http://www.pflegeeltern.at Mag Elf: Infos zur Pflegeelternschaft in Wien http://www.wien.gv.at/menschen/magelf/adoption/pflegefamilie.html |