Der Alltag, so heißt es, sei der größte Feind der Liebenden. Hat sich in eine Beziehung erst eine gewisse, oft durchaus angenehme Bequemlichkeit eingeschlichen, ist auch die Monotonie nicht mehr weit. Damit die Gemeinsamkeiten nicht versiegen und aus der gemütlich dümpelnden Zweisamkeit wieder eine Fontäne hervorgeht, bedarf es kreativen Geschicks. Selten aber trägt allein der Alltag Schuld am Ende einer Beziehung. Ob eine Partnerschaft gelingt, hängt zunächst vor allem vom Selbstbild beider Partner ab.
„Du liebst mich nicht“
Aufmerksamkeit, Verständnis, Kompromisse: Mit diesen Dingen lässt sich in Beziehungen arbeiten. Wer dank der Rücksicht auf seinen Partner jedoch vergisst, sich selbst und seine eigenen Interessen wertzuschätzen, stellt nicht nur die gemeinsame Zukunft unter einen schlechten Stern, sondern verliert im Laufe der Beziehung auch einen Teil seiner Persönlichkeit. Die Liste der Dinge, die eine Partnerschaft auf die Probe stellen können, ist demzufolge lang. Ihre qualvolle Länge hat sie aber vor allem einer menschlichen Schwäche zu verdanken: fehlendem Selbstvertrauen. Ängste stehen dabei an oberster Stelle: Angst vor einem Vertrauensbruch. Angst, nicht geliebt und verlassen zu werden. Angst, nicht genügend Anerkennung vom Partner zu erfahren. Aus diesen Unsicherheiten entsteht Misstrauen und schließlich zermürbende Eifersucht. Die so in Mitleidenschaft gezogene Beziehung wird zudem oft aufrechterhalten, weil beide ein Abhängigkeitsgefühl zueinander entwickelt haben. In einer Beziehung, in der beide sehr unterschiedliche, doch einander angepasste Rollen einnehmen, wird dieses Verhältnis besonders deutlich. Zum Rollentausch kommt es selten: Wer eine wirksame Stütze für den anderen ist, muss es bleiben, damit die Beziehung ihren Sinn behält. Bedarf der andere plötzlich keiner Stütze mehr, ist auch die Partnerschaft nicht mehr notwendig. Mit Liebe hat das offensichtlich wenig zu tun, allerdings mit dem Wunsch, Beachtung zu finden und geliebt zu werden.
Doch auch bei weniger schwierigen Verhältnissen herrscht oft Unzufriedenheit in der Beziehung. Sind beide unzufrieden mit sich selbst, weil sie an ihre eigenen Erwartungen (etwa in beruflicher Hinsicht) nicht herankommen, kann daraus der Versuch entstehen, einander übertrumpfen zu wollen: Ein Umstand, der ebenso auf ein negatives Selbstbild und das damit verbundene niedrige Selbstwertgefühl zurückzuführen ist.
Einen Partner an seiner Seite zu haben, kann angenehm sein. Lässt man sich allerdings zu übermäßiger Bequemlichkeit verleiten, muss man mit Konsequenzen rechnen. Eine erfüllte Partnerschaft zu führen, bedeutet auch, ein wenig Beziehungsarbeit zu leisten. Aufmerksamkeit zu schenken, gemeinsame Unternehmungen zu planen oder einfach nach den Wünschen des anderen zu fragen, reichen dafür oft aus. Wer sich in eine Opferrolle zurückzieht, wird hingegen kaum erfahren, was eine glückliche Beziehung ausmacht.
„Du musst dich ändern“
Selbstliebe bildet also nicht nur die Grundlage des eigenen Glücks, sondern spielt auch im Beziehungsleben eine entscheidende Rolle. Der Versuch, den Partner ändern zu wollen, verträgt sich damit ebenso wenig wie der Verzicht auf eigene Interessen. Wer sich einen Teil seiner Unabhängigkeit auch innerhalb der Beziehung bewahrt, tut auch seinem Partner Gutes damit. Dass man dafür dieselbe Auffassung von einer Partnerschaft teilen muss, versteht sich von selbst. Einseitiges Nachgeben hat dabei nichts verloren. Neben dem gemeinsamen Freundeskreis sollte man etwa immer auch getrennte Freundeskreise pflegen. Und mag die Zeit für den Partner manchmal auch knapp sein: Wer geliebte Hobbys aufgibt, wird seinen Unmut darüber früher oder später auf die Schultern des anderen laden. Seine eigenen Pläne und damit sich selbst zu verwirklichen, erscheint in einer Beziehung manchmal schwierig. Mit Offenheit lässt sich aber auch hier viel erreichen.
Dass sich eine Beziehung dabei zu ihrem Vorteil verändern kann, sollte man zulassen.
Wer Angst vor Veränderungen hat, geht schließlich dem Stillstand entgegen: Ein Zustand, der uns allen unerträglich ist und jede Gemeinsamkeit zerstört.
Autorin: Angelika Stallhofer