Was ist Thiamin?
Thiamin ist die chemische Bezeichnung für das wasserlösliche Vitamin B1, das 1987 vom Nobelpreisträger Christiaan Eijkman durch Mangelerscheinungen beim Füttern von poliertem Reis an Hühner entdeckt wurde. Auch die Heilmethode war so schnell gefunden: Die Silberhäutchen von Reis konnten den Mangel beheben. Das zunächst wegen seiner Wirkung auf die Nerven Aneurin genannte Vitamin erhielt 1932 von Adolf Otto Reinhold Windhaus wegen seines Schwefelgehaltes seinen heutigen Namen und ist hauptsächlich für das Nervensystem und den Kohlehydratstoffwechsel im Körper verantwortlich.
Vorkommen
Thiamin kommt, wie schon Eijkman herausfand, vor allem in den Silberhäutchen von Getreide bzw. Reis vor und macht Vollkornprodukte zu einzigartigen Thiaminlieferanten. Auch in Muskelfleisch (vor allem in Schweinefleisch), Leber, Fischen wie Scholle oder Thunfisch, Hülsenfrüchten und Kartoffeln ist Thiamin enthalten. Thiamin ist hitze- und lichtempfindlich, weshalb thiaminhaltige Produkte möglichst dunkel gelagert und nicht zu sehr erhitzt werden sollten. Je nach Quelle gehen beim Kochen rund 30 bis 40 Prozent des Vitamins verloren.
Auch bei der Angabe des täglich zuzuführenden Vitamins gehen die Angaben auseinander. Zwischen 1,1 und 1,6 mg liegen die Dosen unterschiedlicher Quellen für eineN ErwachseneN, wobei durch die starke Kopplung an den persönlichen Energiehaushalt die notwendige Menge an Thiamin nicht generalisiert angegeben werden kann. Wichtig ist allerdings eine regelmäßige Zufuhr des Vitamins, da der Körper Thiamin nur sehr kurz speichern kann und überschüssige Vitamine schnell ausgeschieden werden.
Aufnahme und Wirkung im Körper
Thiamin wird nach der Aufnahme hauptsächlich in der Leber in Thiamindiphosphat (TDP) umgewandelt. Thiamindiphosphat wirkt vorwiegend als Coenzym in wichtigen Gruppenübertragungsreaktionen im Energiestoffwechsel und ist wesentlich an der Umwandlung von Nahrung (z. Bsp. Glucose) in Energie beteiligt. Weiters beeinflusst Thiamin die Botenstoffe (Neurotransmitter), die in den Nervenzellen als Reizüberträger fungieren und ist somit für Nervenerregbarkeit und Reizübertragung verantwortlich. Zudem ist Thiamin wichtig für den Abbau bestimmter Aminosäuren im Körper. Neben säurebindenden Medikamenten wirken sich Kaffee, schwarzer Tee und vor allem Alkohol hemmend auf die Thiaminaufnahme aus, wobei Alkohol zusätzlich die Vitamineliminierung begünstigt.
Mangelerscheinungen (Hypovitaminose)
Einseitige Ernährung ohne Vollkornprodukte, Stress, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum führen in Industrienationen häufig zu Thiamin-Mangelerscheinungen. Eine leichte Unterversorgung an Vitamin B1 führt zu Nervenentzündungen (Ischias oder Hexenschuss), Herzschwäche bzw. allgemein schwacher Muskulatur, psychischen Veränderungen wie Vergesslichkeit, Reizbarkeit, häufigen Kopfschmerzen oder Depressionen.
Ein schwerer respektive länger anhaltender Thiaminmangel kann zum Krankheitsbild der Beriberi führen. Dabei kommt es zu neurologischen Ausfällen, Skelettmuskelschwund, Herzmuskelschwäche, Depressionen und Ödemen, wobei je nach Unterteilung in trockene oder feuchte Beriberi unterschiedliche Symptome verstärkt auftreten können. Weiters kann längerfristiger Thiaminmangel zur Wernicke-Enzephalopathie führen, einer degenerativen Erkrankung des Gehirns.
Die Möglichkeit einer Überdosierung von Thiamin wurde bisher nicht nachgewiesen.
Autorin: Mag.a Mirjam Bromundt