Wir sind ganz Ohr - Was unser Gehör alles leistet Der Philosoph Immanuel Kant soll gesagt haben: “Nicht sehen können, trennt von den Dingen. Nicht hören können, trennt vom Menschen.” Er hat das Gehör als sozialen Sinn eingeschätzt, der vielleicht wichtiger ist als das Sehen. Unsere moderne Welt ist sehr stark durch visuelle Reize geprägt. Daher wird die Bedeutung des Hörens und auch die Leistungsfähigkeit unserer Ohren heute oft unterschätzt. Schon im Mutterleib können wir hören. Kein Wunder, dass Neugeborene die Stimme ihrer Mutter von allen anderen Stimmen unterscheiden können, bevor sie in der Lage sind, ihr Gesicht zu erkennen. Tag und Nacht, pausenlos sind die Ohren im Einsatz – ein Leben lang. Dabei leisten sie Unglaubliches: Wir können extrem leise Geräusche wahrnehmen. Wenn wir ebenso gut sehen könnten, würden wir eine 10-Watt-Birne noch aus 1.000 Kilometern Entfernung erkennen. Wir hören eine Spannbreite von über 10 Oktaven – von 20 Hertz bis 16.000 Hertz. Die Leistung des Auges entspricht nur einer Oktave. Wenn man den Dynamikbereich des Gehörs auf eine Waage übertragen würde, könnte diese Waage vom Sandkorn bis zum Traktor alles wiegen, ohne umgeschaltet werden zu müssen.1 Das Gehör ist das empfindlichste und dynamischste Sinnesorgan des Menschen. Was das Gehör täglich für uns leistet:
Trotz allem geben Erwachsene dem Sehen den Vorrang, dies ergab eine Studie von Prof. Vladimir Sloutsky, Universität Ohio. Er zeigte Vierjährigen und Erwachsenen ein Bild und spielte gleichzeitig drei Töne vor. Später sollte diese Kombination aus Bild und Tonfolge wiedererkannt werden. Während sich alle Erwachsene ausschließlich auf das richtige Bild konzentrierten, orientierte sich gut die Hälfte der Kinder (53 Prozent) vor allem an der Tonfolge. Obwohl sie – wie ein weiterer Test zeigte – ebenso problemlos in der Lage waren, sofort das richtige Bild zu erkennen. Während Erwachsene auf die visuelle Wahrnehmung setzen, legen Kinder den Schwerpunkt offenbar auf das Hören. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass kleine Kinder sich stärker auf Töne konzentrieren, weil es ihnen sonst nicht möglich wäre, sprechen zu lernen. 1Quelle: Prof. Dr. Sebastian Hoth, Heidelberg Quelle: FGH |