Es ist befreiend, manchmal einfach vor der Realität flüchten zu können, mit der eigenen Identität zu experimentieren. An einem Tag ist man ein Mann Mitte vierzig, am nächsten ein junges Mädchen im zarten Alter von 13 Jahren. Im Internet ist alles möglich. Von der Befriedigung des Spieltriebs oder des Kommunikationsbedürfnisses, bis zur Simulation eines gesellschaftlichen Aufstiegs, oder der Befriedigung des Machtanspruchs. Leider sind alle aufgezählten Möglichkeiten genau die Dinge, die Menschen in die Sucht treiben. Die Internetsucht. Diese Krankheit wächst direkt proportional zum zunehmenden Internetkonsum. In Deutschland wird die Zahl der Süchtigen auf 1,5 Millionen geschätzt.
Als besonders gefährdet gelten Jugendliche, die im Internet die Möglichkeit bekommen, ihre Grenzen auszuloten. Aber auch depressive, einsame Menschen finden im virtuellen Raum Entlastung. Narzisstische Persönlichkeiten wiederum können ihren Machtanspruch befriedigen.
Eine Sucht wie jede andere
Die Internetsucht ist wie jede andere Sucht zu sehen. Fokussierung, Kontrollverlust, negative Konsequenzen und die Unfähigkeit zur Verhaltensänderung sind typische Anzeichen. Süchtige verheimlichen ihre Vorliebe oder wollen ihre Sucht nicht wahrhaben. Sie reduzieren ihre realen Kontakte und leben ihr Leben lieber in der virtuellen Welt, die sie sich, bis zu gewissen Grenzen, so richten können, wie sie es wollen. Es kommt zu Abwehrmechanismen wie: Projektion der Sucht auf andere und Rationalisierung in Form von Rechtfertigungen für das eigene Tun. Hinterher haben Süchtige oft Schuldgefühle, können sich aber trotzdem nicht von ihrer Sucht befreien.
Ist es Süchtigen nicht möglich, auf das Internet zuzugreifen, kommt es zu Entzugserscheinungen, schlechter Laune, Nervosität, Reizbarkeit, Schlafstörungen und Schweißausbrüchen.
Die Therapie gestaltet sich schwierig
Da der Ansatz einer Entzugstherapie normalerweise auf kompletten Entzug und der dauerhaften Abstinenz beruht, muss für die Internetsucht eine neue Therapieform angewandt werden. Der Computer und das Internet gehören mittlerweile zum alltäglichen Leben, weshalb eine absolute Abstinenz nicht möglich ist. Es muss also der bewusste Umgang mit dem Medium gelehrt werden.
Hilfe bei persönlichen Problemen bekommt man zum Beispiel im Kriseninterventionszentrum in Wien (http://www.kriseninterventionszentrum.at/) oder bei Die Boje – Ambulatorium für Kinder und Jugendliche in Krisensituationen (http://www.die-boje.at/ )
Autorin: Natascha Zimmermann