Vom Zauber des Gedankenlesens
Gedankenlesen gilt als Stoff aus Legenden und Mythen. In die Köpfe anderer Menschen zu sehen oder zu fühlen, was darin vor sich geht, wünschen sich viele. Der Alltag ließe sich vielleicht leichter bewältigen, wüssten wir jede Lüge zu durchschauen und jede Ausrede zu erkennen. Das Zusammenleben mit anderen würde sich so vermutlich aber auch konfliktreicher gestalten. Zum anderen könnten wir, ausgestattet mit dieser Gabe, anderen Menschen einfühlsamer begegnen und würden ihnen womöglich auch mehr Verständnis entgegenbringen. Wir wüssten die Beweggründe für ihr Handeln, wüssten warum sie uns mögen, warum sie gewisse unserer Handlungen verabscheuen, andere überschwänglich loben und dergleichen mehr. Zusammengefasst ergäbe das Ganze sehr wahrscheinlich jedoch ein nicht mehr zu überschauendes Gefühlschaos, in dem die eigenen, oft ambivalenten Gedanken auf die ambivalenten Gedanken Anderer treffen. Menschlichen Beziehungen würde das eher schaden als nützen. Vor allem auf das Selbstwertgefühl des Einzelnen hätte es vorwiegend negative Auswirkungen.
 

Von Zauberern zu Mentalisten
Manche Menschen sind aber auch der Überzeugung, dass eine Gedankenübertragung zwischen zwei Menschen, selbst zwischen einander Fremden, funktionieren kann. Sie bezeichnen sich selbst als Mentalisten und machen Ihre Begabung an einer überdurchschnittlich hohen Sensibilität fest, die sie immer häufiger in Fernsehsendungen oder in Shows direkt vor Ort unter Beweis zu stellen versuchen. Zauberei war Gestern, so scheint es. Mentalisten sind die Unterhaltungskünstler von Heute. Auch Hellsehen geben sie manchmal als Fähigkeit an, und ihr Charisma und ihre Shows vermögen es zweifellos, viele Menschen zu faszinieren. Auch wenn mancher Zuschauer Gedankenlesen im Grunde für Unsinn hält, am Ende der Vorstellung schwebt die Frage trotzdem im Raum: Vielleicht funktioniert es ja doch?
 

Telepathie durch Physik
Es gibt Wissenschaftler, die davon ausgehen, dass das Wunder „Telepathie“ eines Tages durch Physik erreicht werden wird. Bis etwa zum Ende des 21. Jahrhunderts soll die Neurologie so weit fortgeschritten sein, dass sich Gedanken und Gefühle von einem Gehirn aus auf ein anderes übertragen lassen. „Funktelepathie“ lautet der dazugehörige Schlüsselbegriff. Durch ein System aus 10 hoch 5 winzigen Mikrowellentransmittern im Gehirn und 10 hoch 5 Empfängern außerhalb soll es möglich werden, die gesamte Hirnaktivität nach draußen zu übertragen. Ein physikalisches Gerät dieser Art könnte zwar dann noch nicht im Alltag eingesetzt werden, den Traum vom Gedankenlesen könnte es vorerst aber wahr machen. Bis dahin und sicher auch die nächsten Jahrtausende noch werden wir also auf den normalen Kommunikationsweg von Gedanken und Gefühlen angewiesen sein oder Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen zu Rate ziehen müssen, um in Erfahrung zu bringen, was andere gerade denken. Manchmal ist aber auch mit einem einzigen Gesichtsausdruck wie dem Stirnrunzeln alles gesagt. Zumindest für die, die der Telepathie keinen Glauben schenken.

Autorin: Mag.a Angelika Stallhofer