Shiatsu in der Geriatrie
Shiastu in der Geriatrie
Wir leben in einer zunehmend "berührungsarmen" Gesellschaft. Besonders ältere Menschen leiden oft an zu wenig Körperkontakt. Eine Möglichkeit, dieser Berührungsarmut im Alter entgegenzuwirken, bietet Shiatsu.
Wir leben in einer zunehmend „berührungsarmen“ Gesellschaft. Besonders ältere Menschen leiden oft an zu wenig Körperkontakt. In Altersheimen konzentriert sich die Betreuung meist auf medizinische Notwendigkeiten. Dabei zeigen mittlerweile zahlreiche Studien, dass Berührungsarmut das Immunsystem schwächt, den Cortisolspiegel sowie den Blutdruck ansteigen lässt. Eine Möglichkeit, dieser Berührungsarmut im Alter entgegenzuwirken, bietet Shiatsu. Denn: Shiatsu berührt. Doch die fernöstliche Körperarbeit kann im geriatrischen Bereich noch viel mehr.

Wenn Menschen älter werden, schränken sich Beweglichkeit, Geschwindigkeit, eventuell die Gedächtnisleistung ein. Probleme mit dem Bewegungsapparat betreffen nach und nach bald alle Menschen ab einem gewissen Alter. Es gilt, jenes Potential, das auch im fortgeschrittenen Lebensalter zur Verfügung steht, zu nutzen, vorhandene Ressourcen zu stärken und entstandene Einschränkungen so weit wie möglich umzukehren.

Shiatsu gegen Berührungsarmut

Um möglichst lang gesund und fit zu bleiben, ist es essentiell, verschiedene Methoden zu kombinieren. Shiatsu hat sich bestens bewährt, medizinische, physiotherapeutische oder psychotherapeutische Maßnahmen zu begleiten und der Berührungsarmut im Alter entgegenzuwirken.
Die Berührung beim Shiatsu beginnt schon vor der eigentlichen Behandlung: beim Zuhören davor. Während der Sitzung verlagert sich dieses Zu- und Hinhören auf die körperliche und emotionale Ebene. Das Gefühl, auf diese Art Aufmerksamkeit zu erhalten, genießen ältere KlientInnen ganz besonders.
Darüber hinaus aktiviert Shiatsu die Selbstheilungskräfte, es steigt das körperliche Wohlbefinden, ein Gefühl der Zufriedenheit und Dankbarkeit stellt sich ein. Dadurch werden Beschwerden anders wahrgenommen und der Allgemeinzustand verbessert sich. Alterstypische Beschwerden wie Schlafprobleme, Gelenksbeschwerden, Rückenschmerzen, schwere Beine, reduzierte Körperwahrnehmung, Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder Ängste können durch Shiatsu gut begleitet werden.

Wohlbefinden durch Achtsamkeit

Bei Shiatsu steht Achtsamkeit im Zentrum. Wenn wir mit älteren KlientInnen arbeiten, achten wir noch intensiver auf deren körperliche Verfassung. Shiatsu wird traditionell auf dem Boden auf einer Matte ausgeübt. Die Arbeit mit älteren Menschen erfolgt auch häufig auf einer Liege oder einem Sessel. Bei Dehnungen und Rotationen gehen wir auf mögliche Bewegungseinschränkungen ein. Insgesamt ist der ältere Körper nicht mehr so robust, die Shiatsu-Techniken werden diesem Umstand entsprechend angepasst. Bei starken Schmerzen, bei akuten Beschwerden oder bei der Einnahme starker Medikamente berät sich der Shiatsu-Praktiker vor Behandlungsbeginn mit den Ärzten des Klienten. Auch in anderen Fällen ist ein Austausch zwischen dem behandelnden Arzt und dem Shiatsu-Praktiker, der Praktikerin oft hilfreich. So kann genau auf vorhandene Problematiken, die die Klientin, der Klient selbst eventuell nicht mehr verbalisieren kann, eingegangen werden.

Wenn ein älterer Klient wegen starker Schmerzen oder Einschränkungen nicht mehr direkt am Körper behandelt werden kann, tut eine Shiatsu-Behandlung der Hände oder Füße gut. Auch auf diese Weise kann der gesamte Körper erreicht werden. Selbst im palliativmedizinischen Bereich kann Shiatsu daher sehr unterstützen. Die Berührungen können einem Menschen helfen, sich zu entspannen und ihn sehr wertvolle Momente des Wohlfühlens erleben lassen. Shiatsu ist ein Dialog durch Berührung und gerade in der Arbeit mit Menschen an ihrem Lebensende kommt dieser Essenz von Shiatsu sehr große Bedeutung zu.

Wer sich selbst im Alltag etwas Gutes tun möchte, kann dies mit folgenden Übungen – sie sind für jedes Alter geeignet.
  1. Die Schultern, Arme bis zu den Fingern entspannt und locker hängen lassen. Nun die Handflächen reiben und dann wie beim Gesicht waschen über das Gesicht sanft streichen und den Kopf und Hals auch miteinbeziehen. Das regt den Meridianfluss an und ist somit ein kleiner Handgriff gegen Müdigkeit.
  2. Einen Finger ergreifen und sanft das Fingergrundgelenk bewegen, danach bis zur Fingerspitze nach vor sanft reiben. Finger für Finger beider Hände arbeiten. Bringt Beruhigung aber Belebung in den Körper, da das ganze Meridiansystem erreicht wird.
  3. Handflächen reiben und die Augen mit den Fingerspitzen leicht berühren. Beginnen Sie mit kleinen, sanften kreisenden Bewegungen den Augapfel zu massieren. Gegen Müde Augen.
  4. Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl und rotieren Sie nacheinander ganz sanft Ihre Gelenke, ganz ohne Anstrengung, langsam, und nur soweit es die Mobilität des Gelenks zulässt. Nehmen Sie dabei innerlich eine Haltung ein, als würden Sie Ihre Gelenke freundlich wohlwollend „begrüßen“ und „danken“ Sie jedem Gelenk für die Bewegung, die es zulässt. Zuerst die Schultern, eine nach der anderen oder beide gleichzeitig, dann die Ellenbogen, die Handgelenke, öffnen und schließen Sie Ihre Hände auf die gleiche Weise und rotieren Sie schließlich Ihre Fußgelenke, einen Fuß nach dem anderen. Machen Sie immer wieder Pausen, spüren Sie nach und fühlen Sie wie Sie atmen. Vielleicht spüren Sie, wie auch Ihre Gelenke so ein wenig „durchatmen“ können.

Wer für sich oder einen Angehörigen einen Shiatsu-Praktiker oder eine Shiatsu-Praktikerin sucht, wird auf der Website des Österreichischen Dachverbandes fündig: http://oeds.at/praktikerinnen-suche



AutorIn: Gastkommentar von Andrea Hofmann, Shiatsu-Praktikerin und Vorstandsmitglied des Österreichischen Dachverbandes für Shiatsu
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